Bürogemeinschaft von Anwalt und Mediator unzulässig

Mann Frau Richterin iurFRIEND® AG

Dienstag, 09.05.2023 , geschrieben von EliteXPERTS-Redaktion

Rechtsanwälte sind Organe der Rechtspflege. Sie unterliegen standesrechtlichen Pflichten, müssen das Verschwiegenheitsgebot beachten und haben ein gesetzlich verbrieftes Zeugnisverweigerungsrecht. Bürogemeinschaften sind daher nur mit sozietätsfähigen Berufen erlaubt, die gleichen Pflichten unterliegen. Die Bürogemeinschaft von einem Anwalt und einem Mediator ist daher nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes unzulässig. Ob diese Beurteilung noch zeitgemäß ist, steht in der Kritik.

Was ist nach der Bundesrechtsanwaltsordnung erlaubt?

§ 59c Berufsrechtsanwaltsordnung (BRAO) erlaubt es Rechtsanwälten, sich zur gemeinschaftlichen Berufsausübung in einer Berufsausübungsgesellschaft zu verbinden. Eine solche Verbindung ist nur mit Anwälten, Patentanwälten, Steuerberatern, Steuerbevollmächtigten, Wirtschaftsprüfern und vereidigten Buchprüfern erlaubt. Alle diese freien Berufe unterliegen standesrechtlichen Pflichten, die die Berufsträger mithin verpflichten, alles, was sie im Verhältnis zum Mandanten in Erfahrung bringen, verschwiegen zu behandeln. Man spricht insoweit von sozietätsfähigen Berufen.

 

Andere freie Berufe, die im Gesetz nicht benannt sind, kommen zumindest nach dem Wortlaut des Gesetzes für die gemeinsame Berufsausübung nicht in Betracht. Insoweit hatte bereits das Bundesverfassungsgericht bereits die gemeinschaftliche Berufsausbildung von Rechtsanwälten mit Ärzten oder Apothekern im Rahmen einer Partnerschaftsgesellschaft untersagt (BVerfG, Beschluss v. 12.6.2016, Az. 1 BvL 6/13).

 

Die Beschränkung der gemeinsamen Berufsausübung auf den Kreis sozietätsfähiger Personen betrifft nicht nur den Zusammenschluss freier Berufe zur gemeinschaftlichen Berufsausübung, sondern auch die bloße Bürogemeinschaft, in der sich die Vertreter zweier freien Berufe darauf beschränken, gemeinsame Räume zu nutzen und sich den organisatorischen Aufwand für den Betrieb der Praxis zu teilen. Ein gemeinsames Wirtschaften oder die gemeinsame und gleichberechtigte Betreuung eines Mandats ist damit nicht verbunden.

Warum ist die Bürogemeinschaft von Anwalt und Mediator nicht erlaubt?

Die Bürogemeinschaft von einem Anwalt mit einem Mediator kommt allein bereits nach dem Wortlaut des § 59c BRAO nicht in Betracht. Insoweit war es nicht überraschend, dass der Anwaltssenat des Bundesgerichtshofes entschieden hat, dass auch eine Bürogemeinschaft zwischen einem Rechtsanwalt und einem Mediator verboten bleibt (BGH, Urteil vom 29.1.2018, Az. AnwZ 32/17).

 

Maßgeblich stellt der BGH auf den eindeutigen Wortlaut des Gesetzes ab. Hintergrund ist, dass der Kreis der sozietätsfähigen Personen auf solche Berufe beschränkt ist, die einer strafrechtlich und strafprozessual abgesicherten Verschwiegenheitspflicht unterliegen. Dieses Schutzniveau sei Voraussetzung für jede gemeinsame Berufsausübung zwischen Anwälten und anderen freien Berufen.

 

Auch wenn Mediatoren selbst einer Verschwiegenheitspflicht unterliegen, sei diese nicht gleichwertig mit den Pflichten, die der Gesetzgeber anderen freien Berufen und insbesondere den Rechtsanwälten vorgibt. Die Verschwiegenheitspflicht eines Mediators sei wieder strafrechtlich abgesichert noch hätten Mediatoren ein durch ein Beschlagnahmeverbot abgesichertes Zeugnisverweigerungsrecht.

 

Eine Bürogemeinschaft könne auch nicht damit gerechtfertigt werden, dass ein Rechtsanwalt Mitarbeiter beschäftigt, die selbst keine Berufsträger sind. Auch diese Mitarbeiter sind in den Pflichtenkreis des Anwalts einbezogen. Insoweit könnte man argumentieren, dass auch ein in einer Bürogemeinschaft mit einem Anwalt tätiger Mediator zwar kein Gehilfe des Anwalts sei, wohl aber in dessen Rechte- und Pflichtenkreis einbezogen werden könne.

 

Im Ergebnis ist es also so, dass angesichts des klar formulierten Wortlauts des § 59c BRAO bis auf weiteres nur Berufsträger sozietätsfähig bleiben, die einer strafrechtlich und strafprozessual abgesicherten Verschwiegenheitspflicht unterworfen und demgemäß in der maßgeblichen Vorschrift benannt sind.

Ist das Verbot einer Bürogemeinschaft noch zeitgemäß?

In der Kritik wird angeführt, dass es rechtspolitisch nicht einleuchte, weshalb für andere Berufsträger dasselbe Schutzniveau gelten müsste wie für Anwälte. Die Möglichkeiten einer interprofessionellen Zusammenarbeit würden dadurch unnötig weit eingeschränkt. Wenn es darum geht, die Verschwiegenheitspflicht des Anwalts abzusichern, würde es ausreichen, dass Verschwiegenheitspflicht, Zeugnisverweigerungsrecht und Beschlagnahmeverbot für andere Berufsträger nur insoweit gelten, als sie in Mandaten des Rechtsanwalts direkt mitarbeiten oder aufgrund der gemeinsamen Berufsausübung von einem der Verschwiegenheit unterliegenden Geheimnis erfahren.

 

Die Kritik an dieser Kritik dürfte wiederum daran ansetzen, dass Rechtsanwälte pauschal standesrechtlichen Vorgaben unterliegen, während andere freie Berufe nur im Einzelfall einbezogen würden. Es dürfte sich als schwierig erweisen, hier im Einzelfall Grenzen zu ziehen. Es könnte sich das Risiko begründen, die standesrechtlichen Pflichten eines freien Berufes im Zuge einer falsch verstandenen Liberalisierung zu opfern.

 

Unproblematisch wären jedenfalls Fälle, in denen ein Rechtsanwalt mit einem Mediator zwar kooperiert, die Praxisräume vielleicht sogar im selben Gebäude direkt nebeneinander liegen, räumlich und organisatorisch aber vollständig getrennt sind. Auch insoweit ließe sich relativ unproblematisch eine interdisziplinäre Zusammenarbeit, wenn auch nicht unmittelbar in Form einer Bürogemeinschaft, darstellen.

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